Interviews zu den vorgestellten Lieblingsstücken

Heimatverein sucht Raritäten, Sammler-, Erb- und Lieblingsstücke

Der Heimatverein Dülmen ist mal wieder auf der Suche nach Objekten mit Geschichte. In den Dülmener Wohnungen und Häusern schlummern Raritäten, Sammler-, Erb- und Lieblingsstücke, zu denen es jeweils mindestens eine Geschichte zu erzählen gibt.

Stoffhase aus einer Sammlung
Sammlerstück

Sammeln soll eine positive Wirkung auf den Menschen haben und ganz entscheidend den eigenen persönlichen Horizont erweitern.
Nicht umsonst sind die Fernsehformat „Kunst & Krempel“, „Lieb & Teuer“, „Schatz oder Schätzchen“ oder „Bares für Rares“ so beliebt beim Publikum. Insbesondere die Kuriositäten und die Beleuchtung der Hintergründe zu den Kunstobjekten oder Alltagsgegenstände faszinieren die Zuschauenden.

Bereits vor zwei Jahren konnte der Heimatverein Dülmen Gegenstände, deren Besitzerinnen und Besitzer sowie ihre Geheimnisse und Geschichten hinter den Objekten für eine Veranstaltung im einsA gewinnen. Die Personen, die ihre „Schätze“ oder Erinnerungsstücke vorstellten, kamen damals aus allen Generationen.

Bereits in der Renaissance und im Barock legten Menschen, die es sich finanziell leisten konnten, so genannte Kunstkammern an; repräsentative Sammlungen von Adeligen und vermögenden Bürgern. Im Zentrum des Interesses an solchen Sammlungen stand eine Faszination für Raritäten und Kuriositäten. Aus diesem Grund und zur Erweiterung des eigenen Wissens werden heute auch Museen besucht, die sich auf spezielle Themen beschränkt haben. Museen vermitteln an alltäglichen, teils unscheinbaren Dingen, wichtige geschichtliche Ereignisse.

Ein Stück verrosteter Stacheldraht und die Zange, die den „eisernen Vorhang“ zwischen Ost und West in Ungarn öffnete, werden ebenso ausgestellt, wie der Spickzettel, den Günter Schabowski am frühen Abend des 9. November 1989 nutzte, um am Ende einer Pressekonferenz für die Öffnung der Mauer im geteilten Deutschland zu sorgen.

An dieser Faszination für geschichtsträchtige Alltagsgegenstände, Raritäten und Kuriositäten einzelner Sammler und Sammlerinnen möchte der Heimatverein Dülmen die Öffentlichkeit teilhaben lassen.
Dazu ist am Freitag, dem 15. März 2024, der große Veranstaltungsraum im einsA reserviert.Beginn der Veranstaltung ist um 18.30 Uhr. Auf der großen Bildschirmwand kann das Publikum im Saal dann die ins Bild gesetzten Objekte gut mitverfolgen, über die gerade gesprochen wird.

Bereits in der ersten Auflage mit dem Schwerpunkt Erb-, Familien- und Lieblingsstücke überzeugte das Konzept das Publikum mit faszinierenden Familiengeschichten zu den präsentierten Objekten. Ein Ausschnitt eines historischen Fliesenspiegels hält bis heute die Erinnerung an ein abgebrochenes Haus, die Hochzeit der Vorfahren und das Leben, dass sich in diesem Haus über Jahrzehnte abgespielt hat, wach. Über das alte Werkzeug des Großvaters konnte der Beruf des Hufschmieds im ländlichen Raum, der Besuch der Nachbarhöfe, die Verbundenheit der dort lebenden Menschen dem staunenden Publikum nähergebracht werden.
Entscheidende Hilfestellung leistet die Moderation einer solchen Veranstaltung, die sich auf die Objekte detailtief vorbereitet, die richtigen Fragen stellt und so den Besitzerinnen und Besitzern die Hilfestellung mitliefert, um über ihre Objekte aus ihren Erinnerungen hautnah und anschaulich zu berichten. Gerne können auch mehrere Generationen gleichzeitig von ihrem Dachbodenfund oder den in Ehren gehaltenen Erinnerungsstück berichten.

Zur Vorbereitung der Moderation sind das Mitsenden von Informationen über den zu zeigenden Gegenstand oder das Objekt sowie mindestens zwei Fotodateien erforderlich: eine, die das Objekt in der Gesamtansicht zeigt und eine, die wichtige Details, Herstellerzeichen o. ä. zeigt.

Die Objekte und ihre Geschichten werden von ihren Besitzern unter Moderation des Heimatvereins im oberen Saal im einsA vorgestellt.  Aus diesem Grund sucht der Heimatverein noch Raritäten, Sammler-, Erb- oder Lieblingsstücke aus der Dülmener Bevölkerung, die in Form eines Podiumsgesprächs präsentiert werden können. Wer mitmachen möchte, kann sich ab sofort an den Heimatverein (www.heimatverein-duelmen.deinfo[at]heimatverein-duelmen.de) wenden oder via Facebook melden.

Archäologe Dr. Jentgens im Interview mit Markus Trautmann

Heimatverein stellte Bilderbuch über das Schicksal der Familie Pins vor

In Form eines geselligen „bunten Abends“ stellte der Heimatverein Dülmen im Bistro Orange des Begegnungszentrums einsA am vergangenen Donnerstag (30. November 2023) der Öffentlichkeit das Bilderbuch über das Schicksal der jüdischen Familie Pins vor, die einst am Kirchplatz wohnte. Dabei standen die Beteiligten an diesem Buch den Interviewern Rede und Antwort. Eingerahmt wurden die Interviews durch kurze Lesungen des Schülers Paul Freitag sowie Musikstücke, die Christoph Falley alleine oder zusammen mit Kindern des Kinderchores von St. Viktor vortrug.
Die Entstehung des Buches verdankt sich quasi einer zweifachen Ausgrabung : Zum einen wurden im Erdreich zwischen dem Dülmener Rathaus und der Kirche die Reste vom früheren Wohnhaus der jüdischen Familie Pins gefunden. Zum anderen tauchte eine alte Polizeiakte auf, die eine Geschichte über diese Familie erzählt, die nachdenklich stimmt.
Wer gräbt, kann Schätze entdecken ! Als Protagonist nimmt Gerard der Ausgräber die Lesenden des Kinderbuches mit unter die Erde. Als archäologische Leitung der Dülmener Grabungen und reales Vorbild für die Buchfigur verriet Dr. Gerard Jentgens, dass „viele der zutage geförderten Fundstücke die Geschichte der ganzen Stadt beschreiben könnten.“
Den Fragen von Autor Markus Trautmann und Heimatvereinsvorsitzenden Erik Potthoff stellten sich zudem die Illustratorin Bärbel Spangenberg und Florian Kübber, Vorsitzender des Kulturausschusses.

Wie schwer es ist düstere Themen kindgerecht in Bildern aufzubereiten erläuterte Stangenberg dem Publikum und lobte gleichzeitig den Autor Trautmann für seine einfühlsamen und anschaulichen Texte. Mit ihm stimmte sie sich auch regelmäßig über Skizzen und Illustrationen ab. In ihren mit Aquarellfarben, Buntstiften und digitalen Werkzeugen kolorierten Bildern werden unterschiedliche Stimmungen und Themen den jungen und erwachsenen Lesern vermittelt. Hier ist für Spangenberg, die auch mit Schulbuch- und Spieleverlagen wie Klett oder Ravensburger arbeitet, die kindgerechte Umsetzung oberstes Gebot. „Farben und die Perspektive sind stilistische Elemente, um – je nach Zielgruppe – die Betrachter anzusprechen“, so die Künstlerin.
Von der Politik in Verkörperung des Kulturpolitikers Kübber wollte Potthoff wissen, wie einerseits der Wert der gefundenen Schätze hervorzuheben und andererseits die Dülmener Öffentlichkeit für die Historie ihrer Heimat zu sensibilisieren und zu gewinnen sei. „Das vorliegende Kinderbuch und die bisherigen Veröffentlichungen zu diesem Thema könnten eine erste Antwort auf diese Frage sein.“, betonte Kübber.

Wie die archäologischen Funde zudem öffentlich zugänglich gemacht werden könnten? Ein Antrag zum Aufbau einer dauerhaften Ausstellung könnte ein Weg sein, um Stadtgeschichte lebendig zu halten, schlug Kulturpolitiker Kübber vor. Ein Vorschlag, dem Potthoff unumwundene Unterstützung versprach.

Autor (Markus Trautmann), Illustratorin (Bärbel Stangenberg) und Buchfigur Gerard der Ausgräber (Dr. Gerard Jentgens) am Schluss der Buchvorstellung
Gedenkstein auf dem alten jüdischen Friedhof

“Nie wieder” – Gedenken und Zeichen

Ein weithin sichtbares und wahrnehmbares Zeichen setzten mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einer Gedenkveranstaltung in Dülmen. Auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof am Lüdinghauser Tor gedachten die Anwesenden am 9. November der Ereignisse vor 85 Jahren. Initiiert von den Nationalsozialisten wurden 1938 in ganz Deutschland Synagogen, jüdische Gebetsräume und Versammlungsorte in Brand gesteckt und die Geschäfte sowie die Wohnungen jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger demoliert und verwüstet.

Mit der Reichspogromnacht begann eine Welle der Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, die schließlich im Holocaust endete.

Aus diesem Grund rief die Stadt Dülmen die Öffentlichkeit zur Erinnerung und Mahnung auf.

In seiner Rede ging Bürgermeister Carsten Hövekamp sowohl auf die historischen Ereignisse jener Nacht in Dülmen als auch auf die verstörenden Gräueltaten der Hamas beim Überfall auf Israel am 7. Oktober ein. „Noch nie war es so wichtig, dass wir alle für Menschlichkeit, Toleranz und Frieden einstehen“, betonte der Bürgermeister. „Nie wieder; ist jetzt!“

Lucy Keßel, Paul Everwien, Finn Heinermann und Anna Meier von der Hermann-Leeser-Schule trugen Auszüge aus Berichten von Dülmener Zeitzeuginnen vor, die am 9. November 1938 erst 14 bzw. sechs Jahre alt waren. Clara Töns erinnerte sich an die brennende Synagoge in der Münsterstraße und dass die Feuerwehr nur darauf achtete, ein Überspringen der Flammen zu verhindern. Auch an die Schreie von Lehrer Dublon, den die Schlägertrupps die Treppe seines Hauses herunter stießen und zum Dülmener Gefängnis trieben.

Margot Tobias, geborene Cahn, war damals sechs Jahre alt. Die jüdische Familie Cahn lebte in der Marktstraße und hatte Glück: Die Nazis kamen damals nicht in ihr Haus, in dem sie in Angst ausharrten. „Vielleicht weil nur Mutter, Großmutter und wir Mädchen dort waren?“. Der Text, den sie Jahre später auf hebräisch verfasste, wurde ins englische übersetzt und von ihren Kindern erst im letzten Jahr nach Dülmen gebracht. Die Familie schaffte die Flucht nach Argentinien und wanderte später nach Israel aus.

Mit einer Kranzniederlegung durch den Bürgermeister und dem Entzünden von Kerzen durch die Schülerinnen und Schüler endete diese würdige Veranstaltung, die ihre musikalische Note durch Ismene Dura auf der Klarinette erfuhr.

Buchvorstellung "Hier wohnte..."

Spannende Buchvorstellung

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Vor zahlreich erschienenen Gästen moderierte Erik Potthoff als Vorsitzender des Dülmener Heimatvereins am Mittwochabend im Forum Bendix eine kurzweilige und spannende Buchpräsentation: Die Rede ist von der Vorstellung der Neuerscheinung „Hier wohnte … – Auf den Spuren von Dülmener NS-Opfern“. Dank eines großzügigen Sponsoring steht nun allen Interessierten in Dülmen und darüber hinaus ein kompaktes und niederschwelliges Kompendium zur Verfügung, angelegt als ein literarischer Stadtrundgang und reich illustriert. „Es lassen sich bis heute immer neue Spuren der Vergangenheit und heutige Perspektiven finden“, erklärte Potthoff das publizistische Engagement des Heimatvereins. Im Interview mit Potthoff stellten die vier am Werk beteiligten Autorinnen und Autoren je ein „Lieblingsfoto“ aus dem Buch vor. So erläuterte Dr. Stefan Sudmann anhand einer lebedigen Straßenszene der 1930er Jahre die „Alltäglichkeit“ des Nationalsozialismus in Dülmen – zwischen „Braunem Haus“ und jüdischem Geschäft Eichengrün. Ebenfalls aus jenen Jahren erklärte Markus Trautmann ein Foto, auf dem Ernst Leeser und seine Söhne

samt Chauffeur vor dem Kirchplatz von St. Viktor in die Kamera blicken, durchaus mit großbürgerlichem Selbstbewusstsein. Umso tragischer sei dann der soziale Abstieg in der chilenischen Emigration gewesen. Ein weiteres Familienfoto, in diesem Fall von ca. 1910, stelle Dr. Andrea Peine vor: Es zeigt den zweieinhalbjährigen Hermann Davidson, gekleidet in eine Kindervariante eines Admiralsmantels. „Ein so frühes und harmloses Kinderbild zu kennen, und dann seine letzten Akten aus der Krankenbaracke von Auschwitz einzusehen – das geht einem nahe“, so ihre Empfindung. In die heutige Gegenwart führte die Zuhörer ein Motiv, das Christiane Daldrup vorstellte, nämlich ein Foto vom erst jüngst ausfindig gemachten Grabplatz von Regina Bendix in Köln. „Ihr Enkel Marc Bendix in Kanada war durch dieses Rechercheergebnis sehr angerührt“, berichtete sie. Überhaupt seien die während der Entstehung des Buches entstandenen Kontakte zu Nachgeborenen aus Dülmener jüdischen Familien sehr anregend und motivierend gewesen, war sich das Autorenteam einig. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch Heinrich Rövekamp, der Solostücke am Cello zu Gehör brachte.

Barbarossa-Kopf

Barbarossa-Kopf wurde zum Johannes-Reliquiar

Höhepunkt der angebotenen Exkursion von Dülmen nach Cappenberg bei Selm und Weiterfahrt nach Nordkirchen war der Besuch der ehemaligen Prämonstratenser-Stiftskirche St. Johannes in Cappenberg. Am vergangenen Samstag, dem 16. September 2023, machten sich 30 interessierte Personen auf die vom Heimatverein Dülmen organisierte und für die Öffentlichkeit angebotene Zeitreise. Erste Anlaufstelle des Ausflugs bildete Schloss Cappenberg bei Selm. Die Grafen von Cappenberg waren mit den Saliern und Staufern verwandt und unterhielten auf der kleinen Anhöhe bei Selm eine Ritterburg. Die Brüder Gottfried und Otto von Cappenberg waren an dem Überfall der Papsttreuen auf die Stadt Münster im Investiturstreit beteiligt, bei dem auch der Paulusdom 1121 in Flammen aufging. “Die frevlerische Tat wurde“, wie die Kunsthistorikerin Petra Mecklenbrauck, der Dülmener Gruppe in der Stiftskirche berichtete, “Gottfried von Cappenberg angelastet, der vom König für ‘vogelfrei’ erklärt wurde.” Um vor der Verfolgung sicher zu sein, vermachten die Grafen von Cappenberg ihren ganzen Besitz dem Wanderprediger Nobert von Xanten und traten dem von ihm gegründeten Orden der Prämonstratenser bei. Die Ritterburg wurde abgerissen und 1122 wurde der Grundstein für die romanische Stiftskirche sowie das erste Prämonstratenserkloster auf deutschem Boden gelegt. Nach fast 700-jährigem Bestehen wurde das Stift in Folge der Säkularisation aufgelöst und zur preußischen Staatsdomäne umgewandelt, die der ehemalige preußische Staatsminister und Reformer Karl Reichsfreiherr von und zum Stein (1757-1831) zu seinem Altersruhesitz 1816 erwarb.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Herbstexkursion 2023
Teilnehmergruppe der öffentlichen Studienfahrt zum Schloss Cappenberg und Schloss Nordkirchen.

Exemplarische erläuterte Petra Mecklenbrauck den Teilnehmenden an der Exkursion die reiche Innenausstattung der turmlosen dreischiffigen Pfeilerbasilika mit östlichem Querhaus. Am Gedenkgrab Gottfrieds, der als überlebensgroße Rittergestalt dargestellt ist und in seiner rechten Hand eine Plinte für das goldene Kopfreliquiar des heiligen Johannes, des Evangelisten, trägt, ging die Kunsthistorikerin auf die Zuschreibung als ‘Barbarossa-Kopf’ ein. Otto von Cappenberg war der Taufpate des späteren Staufer-Kaisers Friedrich I. Barbarossa. Dieser schenkte möglicherweise anlässlich eines Aufenthalts in Münster 1156 die Büste und die so genannte Taufschale an Otto von Cappenberg, um sich des geistlichen Beistands seines Paten zu versichern und schon zu Lebzeiten Vorsorge für sein Totengedächtnis z treffen. Durch das Einsetzen von Haaren des Evangelisten Johannes verwandelte Otto das Idealporträt des deutschen Kaisers Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) in ein Reliquiar.

Gruppe vor dem Gedenkgrab Gottfrieds von Cappenberg

Aus der Zeit vor der Reformation (1509/1520) stammt das an geschnitzten Figuren, Wappen, Ornamenten und Rankenwerk außerordentlich reich ausgeführte Chorgestühl, welches sich in der Vierung der Stiftskirche befindet. Ausgeführt von einem regionalen Schreiner, finden sich unter den ‘Miserikordien’, den Konsolen unter den Klappsitzen, sowohl Motive aus der Heilsgeschichte aber auch Teufelsfratzen, Drachen, Narren und szenische Darstellungen, die zum schmunzeln anregen.

Das aus dem frühen 18. Jahrhundert stammende barocke Stiftsgebäude, der noch heute existierenden Dreiflügelanlage, ersetzte als Ersatzneubau die mittelalterlichen Klostergebäude. Am Ausflugstag konnte dort die Reisegruppe unter den Erläuterungen von Frau Mecklenbrauck einen Einblick in die Familiengeschichte des Freiherrn von Stein um 1829 gewinnen.

Den Abschluss des diesjährigen Herbstausflugs bildete eine Außenbesichtigung von Schloss Nordkirchen, dem westfälischen Versailles. Die ursprüngliche Schlossanlage wurde 1694 von Fürstbischof Friedrich Christian von Plettenberg in Auftrag gegeben und unter der Planung des Architekten Gottfried Laurenz Pictorius (1663-1729) begonnen. Aber bekannt wurde das barocke Wasserschloss durch die ‘Handschrift’ von Johann Conrad Schlaun (1695-1773), der 1723 als Architekt den weiteren Ausbau verantwortete. Im Schlossinnenhof konnten bei herrlichem Sonnenschein alle Teilnehmenden ihren Kaffee und Kuchen oder Erfrischungsgetränke und Eis genießen. Ihren Dank richteten die Ausflügler bei ihrer Rückkehr in Dülmen auch an Dr. Dieter Potente, der die Exkursion vorbereitet hatte und selbst die Erläuterungen zur Architektur des Schlosses Nordkirchen gab.

Dr. Dieter Potente vor dem Schloss Nordkirchen
Dr. Dieter Potente vor dem Schloss Nordkirchen
Mit der Leeze zum Römerkastell Aliso

Mit der Leeze zum Römerkastell Aliso

In eine Zeit vor 2.020 Jahren ließen sich die Teilnehmenden an der Pättkesfahrt im Römermuseum Haltern zurückversetzen. Die Fahrradtouren des Heimatvereins Dülmen stehen seit vielen Jahren unter dem Motto, ‘wir besuchen unsere Nachbarn’.
Neben dem Genießen unsere schönen münsterländischen Kulturlandschaft gehören die Elemente Geschichts- oder Geschichtenvermittlung sowie der Austausch untereinander bei Kaffee und Kuchen zum festen Bestandteil unserer Fahrradtouren.

Wie das Leben eines Legionärs um 4 n. Chr. im Römerkastell Aliso im heutigen Nordwesten Deutschlands ausgesehen haben könnte, wurde im LWL-Museum unter fachkundiger Führung den Tourmitgliedern vermittelt.
Auf dem Gebiet der Stadt Haltern am See befand sich vor 2.020 Jahren am Ufer der Lippe ein wichtigster Stützpunkt der Römer, um von dort aus, in die tiefen Urwälder Germaniens vorzudringen. Unter dem Befehl des römische Feldherrn Varus sollte das Gebiet rechts des Rheins erobert werden. In Haltern war nachweislich die XIX. Legion stationiert, die 9 n. Chr. in der Varusschlacht zusammen mit zwei weiteren Legionen unterging.

Gruppe der Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer im rekonstruierten Teil der römischen Lagerbefestigung.

Heute befindet sich das Museum exakt an der Stelle, die gerade noch außerhalb des ehemaligen Kastells lag. Zur Führung gehörte auch die Erkundung des Außengeländes mit der originalgetreuen und sehr realistischeb Rekonstruktion der Kastellbefestigung und eines Wachgebäudes aus Lehmwänden.

Die Rückfahrt führte die ‘Pedalritter’ über Sythen. Dort wurde das Erlebte bei Kaffee und Kuchen untereinander vertieft. So gestärkt fuhr die Gruppe mit vielen Eindrücken im ‘Gepäck’ wieder zurück nach Dülmen.

Nachforschungen im Dülmener Stadtarchiv

Nachforschungen durch Nachfahren

18 Jahre nachdem ihre Tante Lisel Wohl, geb. Cahn mit den Cousinen Claudia und Gaby Dülmen besuchten, trafen die Geschwister Andy Tobias, Orly Tsabar und Karin Halevy-Tobias in der Geburtsstadt ihrer Mutter und Tante ein. Die drei Besucherinnen und Besucher sind Kinder von Margot Cahn und Enkel bzw. Enkelinnen von Max und Elly Cahn geb. Goldschmidt.

Nachforschungen im Dülmener Stadtarchiv
Andy Tobias, Orly Tsabar und Karin Halevy-Tobias im Stadtarchiv

Gedenk- und Erinnerungskultur in Dülmen

Sicherlich hat sich der Heimatverein Dülmen seit dem Neustart der Veröffentlichung der Dülmener Heimatblätter nach dem Krieg, also seit 1954 dem Gedenken an seine ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger durch einzelne Aufsätze verschrieben. Als systematische Erinnerungskultur darf man diese Aktivitäten jedoch nicht bezeichnen. In Dülmen haben fast vier Jahrhunderte lang Juden gelebt, die Stadt durch ihre Geschäfte, ihre Betriebe und ihre Teilnahme am öffentlichen Leben gefördert und mitgeprägt.
Die Anfänge einer Dülmener Gedenkkultur dürften mit der Namensgebung der städtischen Realschule für Jungen und Mädchen in Hermann-Leeser-Schule im Jahre 1988 zusammenfallen.

Hermann Leeser war ein angesehener Bürger und Fabrikant. Am 9. November 1938 wurde er von den Nationalsozialisten verfolgt und in den Tod getrieben. Seine Frau Rhea Leeser (geb. Zondervan) konnte als Niederländerin mit den Töchtern Helga (später verh. Becker-Leeser) und Ingrid im November 1938 nach Holland fliehen. Versteckt vor den Nazis überlebten Ehefrau und Töchter in einem Hinterhaus in Rotterdam.

Zusammen mit dem Heimatforscher Heinz Brathe, Diethard Aschoff sowie den Arbeiten von Helga Becker-Leeser und ihrem Sohn Joost Becker entstand 1991 in Zusammenarbeit mit dem Institutum Judaicum Delitzschianum der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) das Dülmener Lesebuch zum jüdischen Friedhof, welches die Geschichte der jüdischen Familien in Dülmen erstmals anhand ihrer Gräber dokumentierte.

Zwischen 2005 und 2011 verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus 40 Stolpersteine in Dülmen. Die Stolpersteine wurden von Schülerinnen und Schülern der Hermann-Leeser-Schule und des Richard-von-Weizsäcker-Berufskollegs gespendet. Daraus entwickelten die Akteure in Kooperation mit dem Stadtarchiv einen Geschichtsrundgang anhand der Stolpersteine.​
Der Heimatverein Dülmen würdigte diese Aktivitäten, berichtete in den Ausgaben der Dülmener Heimatblätter und widmete dieser mittlerweile systematischen Erinnerungsarbeit einen Schwerpunkt in seiner Buchausgabe zum Dülmener Stadtjubiläum 2011. Regelmäßige kulturelle Erinnerungsveranstaltungen zum Tag der Novemberpogrome, des Volkstrauertages und der Befreiung von Auschwitz werden in Dülmen mit vielen Kooperationspartnern begangen.
Die Lebensgeschichte von Helga-Becker Leeser wurde zusammen mit dem Heimatverein Dülmen, dem Stadtarchiv, der Geschichts-AG der Hermann-Leeser-Schule, und weiteren Kooperationspartnern in Form einer Graphic Novell in Buchform veröffentlicht und dient der Geschichtsvermittlung im Schulunterricht.

Die Dülmener Tür in der Ausstellung „Spurensuche_n im Gestern und Heute” eröffnet Einblicke in das vielfältige jüdische Leben und die seit 2005 intensivierte Erinnerungsarbeit vor Ort. Die Ausgrabung und Einbindung des Keller Pins sowohl in den Rundgang der Stolpersteine, als auch der digitalen Stadtinformation (QR-Code gestützter Stadtrundgang) schreibt diese Erinnerungsarbeit an die vier Jahrhunderte jüdischen Lebens in Dülmen fort.

Spurensuche_n im Gestern und Heute

Jüdisches Leben in Münster und dem Münsterland

Tür in die Vergangenheit

Seit 2010 macht das Projekt Expedition Münsterland an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) einzigartige Wissenschafts-Schauplätze im Münsterland erlebbar und lässt universitäre Forschung in der Region sichtbar werden. Das Projekt Expedition Münsterland versteht sich als Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Einerseits wird das Wissen aus der Universität Münster der Bevölkerung, den Unternehmen und den Kommunen vermittelt und andererseits wird der Austauschprozess zwischen Region und Universität angeregt. Im Rahmen der Expedition Münsterland sind im Laufe der Zeit immer weitere Veranstaltungen mit Schulen entstanden.
Die „Spurensuche“ der Expedition Münsterland ist ein Projektformat, das seit 2013 kontinuierlich verfolgt und weiterentwickelt wurde, um jüdisches Leben im Münsterland vor Ort aufzuspüren und wieder sichtbar zu machen. In gemischten Gruppen aus (Bürger)Wissenschaftler*innen, Studierenden und interessierten Laien, wurden unter Führung von Matthias M. Ester vier Exkursionen durch das gesamte Münsterland unternommen. Dem Ansatz der place-based Citizen Science folgend, gaben im Rahmen der Touren auch bürgerwissenschaftliche Experten Einblicke in das vielfältige jüdische Leben vor Ort vor dem Naziregime. Dieser Ansatz und diese Expertise werden in der Gestaltung einer Ausstellung aufgegriffen, indem Bürgerwissenschaftler*innen, Studierende und Expert*innen der Universität gemeinsam in co-kreativen Prozessen 14 historische Türen zu Aspekten jüdischen Lebens in den Orten, die die Expedition Münsterland besucht hat, gestalten. Den „Türen in die Vergangenheit“ wird kontrastierend und ergänzend ein Film über die jüdische Gemeinde Münster, dem, was gegenwärtiges jüdisches Leben im Münsterland ausmacht, gegenübergestellt. Die Gruppe um die Erstellung der Graphic Novell „Von allem etwas …“ – über das Leben von Helga Becker-Leeser – hat auch die Dülmener Tür für die Ausstellung gestaltet.
Die Ausstellung mit Türen und Film soll dann durch die beteiligten aber auch weitere interessierte Orte des Münsterlands wandern. Aufgrund der Pandemie war lange unklar, ob und wann die Ausstellung in Präsenz gezeigt werden kann.

Vom 5. Mai bis zum 3. Juni 2022 kommt die Türenausstellung (nachdem sie bereits in Burgsteinfurt und Lengerich zu sehen war) nach Dülmen. Zunächst war als Ausstellungsort das intergenerative Zentrum einsA in Dülmen für die Ausstellung vorgesehen. Da die 14 Türobjekte und der Film einen größeren Raum benötigen stand als Kooperationspartner die katholische Kirchengemeinde St. Viktor mit ihrer Pfarrkirche St. Viktor als Ausstellungsort zur Verfügung. Zwischen Vernissage und Finissage wird es ein kulturelles Begleitprogramm verschiedener lokaler Akteure geben.

QR-Code-Stadtinformation

In Dülmen gibt es Gebäude, Orte, Kunstwerke oder irgendwelche Objekte, die den Besuchenden gerne ihre Geschichte erzählen möchten. Bislang erfuhren Interessierte diese Geschichten, Fakten und Hintergründe nur, wenn sie an einer Stadtführung teilnahmen oder sie alteingesessene Bürgerinnen und Bürger, die hier “Poahlböerger” heißen, dazu befragten. Das möchte der Heimatverein ändern. Dazu sollen alle Informationen über multimediale Endgeräte (PC, Tablet, Smartphone, Videoguide etc.) zu den Orten und Objekten zur Verfügung gestellt werden. In Dülmen gibt es zwei Kategorien der lokalen Anknüpfung dieser Informationen auf dem Stadtgebiet. Die erste Kategorie an Gebäuden, Orten, Kunstwerken und sonstigen Objekten “gibet noch” und die zweite Kategorie müssen wir mit “wadda ma” bezeichnen. Das liegt insbesondere daran, dass die Dülmener Innenstadt am 21. und 22. März 1945 durch Brand- und Sprengbomben zu fast 92 Prozent zerstört wurde. Alle Stationen der Dülmener Stadtinformation werden in der Silhouette des Lüdinghauser Tores den jeweiligen QR-Code tragen. Die immer gleiche äußere Form lässt den interessierten Besucher bzw. die interessierte Besucherin bereits von weitem erkennen, wo sich hilfreiche Stadtinformation über Dülmen verbergen. Neben ersten Stationen in der Innenstadt sind bereits das ehemalige Munitionslager Visbeck in der Bauerschaft Dernekamp, die ehemalige Klosteranlage Marienburg in Weddern und der Ortsteil Buldern interessiert, ebenfalls mit einem QR-Code in verbindender Optik ausgestattet zu werden. Die Vorarbeiten sind abgeschlossen, jetzt muss die technische Umsetzung und die langfristige Betreuung der Stadtinformation gelöst werden.

Alle Stationen der Dülmener Stadtinformation werden in der Silhouette des Lüdinghauser Tores den QR-Code tragen.