Archäologe Dr. Jentgens im Interview mit Markus Trautmann

Heimatverein stellte Bilderbuch über das Schicksal der Familie Pins vor

In Form eines geselligen „bunten Abends“ stellte der Heimatverein Dülmen im Bistro Orange des Begegnungszentrums einsA am vergangenen Donnerstag (30. November 2023) der Öffentlichkeit das Bilderbuch über das Schicksal der jüdischen Familie Pins vor, die einst am Kirchplatz wohnte. Dabei standen die Beteiligten an diesem Buch den Interviewern Rede und Antwort. Eingerahmt wurden die Interviews durch kurze Lesungen des Schülers Paul Freitag sowie Musikstücke, die Christoph Falley alleine oder zusammen mit Kindern des Kinderchores von St. Viktor vortrug.
Die Entstehung des Buches verdankt sich quasi einer zweifachen Ausgrabung : Zum einen wurden im Erdreich zwischen dem Dülmener Rathaus und der Kirche die Reste vom früheren Wohnhaus der jüdischen Familie Pins gefunden. Zum anderen tauchte eine alte Polizeiakte auf, die eine Geschichte über diese Familie erzählt, die nachdenklich stimmt.
Wer gräbt, kann Schätze entdecken ! Als Protagonist nimmt Gerard der Ausgräber die Lesenden des Kinderbuches mit unter die Erde. Als archäologische Leitung der Dülmener Grabungen und reales Vorbild für die Buchfigur verriet Dr. Gerard Jentgens, dass „viele der zutage geförderten Fundstücke die Geschichte der ganzen Stadt beschreiben könnten.“
Den Fragen von Autor Markus Trautmann und Heimatvereinsvorsitzenden Erik Potthoff stellten sich zudem die Illustratorin Bärbel Spangenberg und Florian Kübber, Vorsitzender des Kulturausschusses.

Wie schwer es ist düstere Themen kindgerecht in Bildern aufzubereiten erläuterte Stangenberg dem Publikum und lobte gleichzeitig den Autor Trautmann für seine einfühlsamen und anschaulichen Texte. Mit ihm stimmte sie sich auch regelmäßig über Skizzen und Illustrationen ab. In ihren mit Aquarellfarben, Buntstiften und digitalen Werkzeugen kolorierten Bildern werden unterschiedliche Stimmungen und Themen den jungen und erwachsenen Lesern vermittelt. Hier ist für Spangenberg, die auch mit Schulbuch- und Spieleverlagen wie Klett oder Ravensburger arbeitet, die kindgerechte Umsetzung oberstes Gebot. „Farben und die Perspektive sind stilistische Elemente, um – je nach Zielgruppe – die Betrachter anzusprechen“, so die Künstlerin.
Von der Politik in Verkörperung des Kulturpolitikers Kübber wollte Potthoff wissen, wie einerseits der Wert der gefundenen Schätze hervorzuheben und andererseits die Dülmener Öffentlichkeit für die Historie ihrer Heimat zu sensibilisieren und zu gewinnen sei. „Das vorliegende Kinderbuch und die bisherigen Veröffentlichungen zu diesem Thema könnten eine erste Antwort auf diese Frage sein.“, betonte Kübber.

Wie die archäologischen Funde zudem öffentlich zugänglich gemacht werden könnten? Ein Antrag zum Aufbau einer dauerhaften Ausstellung könnte ein Weg sein, um Stadtgeschichte lebendig zu halten, schlug Kulturpolitiker Kübber vor. Ein Vorschlag, dem Potthoff unumwundene Unterstützung versprach.

Autor (Markus Trautmann), Illustratorin (Bärbel Stangenberg) und Buchfigur Gerard der Ausgräber (Dr. Gerard Jentgens) am Schluss der Buchvorstellung
Cover vom Kinderbuch - Ein besonderer Schatz

Kinderbuch wird vorgestellt

Der Heimatverein möchte ein spannendes Bilderbuch, das Jung und Alt gleichermaßen beeindrucken wird,  in einer öffentlichen Buchpräsentation am Donnerstag, 30. November, um 17.00 Uhr im Bistro Orange im einsA vorstellen. Das von der Grafikerin Bärbel Stangenberg eindringlich illustrierte Werk trägt den Titel „Ein besonderer Schatz“; der Untertitel lautet: „Eine Erinnerung an die Dülmener Familie Pins“. In einer Rahmenhandlung nimmt „Gerard der Ausgräber“ die Leserschaft mit zu seinen archäologischen Grabungen. „Unter unseren Füßen liegt noch ein besonderer Schatz an Erinnerungen“, sagt Gerard der Ausgräber. Und so wird über den Fund des Kellers Pins anschaulich zur Geschichte der dort lebenden jüdischen Viehhändlerfamilie hingeführt. Darüber hinaus werden neben der Geschichte der Familie Pins auch einige ausgewählte archäologische Grabungsfunde kindgerecht präsentiert, die in den vergangenen Jahren in der Dülmener Innenstadt entdeckt wurden. Bei dieser Buchpräsentation werden auch der „echte“ Gerard der Ausgräber sowie Bärbel Stangenberg zugegen sein.

Die Veranstaltung richtet sich an alle Generationen. Wir ermutigen Eltern und Kinder (ca. 8 – 12 Jahre) an dieser kurzweilig angelegten Buchvorstellung teilzunehmen. Für jedes anwesende Kind wartet eine schöne Überraschung!

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei

Das Buch, welches 60 Seiten umfasst, wurde maßgeblich von der NRW-Stiftung gefördert und kann daher künftig für 7.- Euro zum Kauf angeboten werden.

Buchvorstellung "Hier wohnte..."

Spannende Buchvorstellung

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Vor zahlreich erschienenen Gästen moderierte Erik Potthoff als Vorsitzender des Dülmener Heimatvereins am Mittwochabend im Forum Bendix eine kurzweilige und spannende Buchpräsentation: Die Rede ist von der Vorstellung der Neuerscheinung „Hier wohnte … – Auf den Spuren von Dülmener NS-Opfern“. Dank eines großzügigen Sponsoring steht nun allen Interessierten in Dülmen und darüber hinaus ein kompaktes und niederschwelliges Kompendium zur Verfügung, angelegt als ein literarischer Stadtrundgang und reich illustriert. „Es lassen sich bis heute immer neue Spuren der Vergangenheit und heutige Perspektiven finden“, erklärte Potthoff das publizistische Engagement des Heimatvereins. Im Interview mit Potthoff stellten die vier am Werk beteiligten Autorinnen und Autoren je ein „Lieblingsfoto“ aus dem Buch vor. So erläuterte Dr. Stefan Sudmann anhand einer lebedigen Straßenszene der 1930er Jahre die „Alltäglichkeit“ des Nationalsozialismus in Dülmen – zwischen „Braunem Haus“ und jüdischem Geschäft Eichengrün. Ebenfalls aus jenen Jahren erklärte Markus Trautmann ein Foto, auf dem Ernst Leeser und seine Söhne

samt Chauffeur vor dem Kirchplatz von St. Viktor in die Kamera blicken, durchaus mit großbürgerlichem Selbstbewusstsein. Umso tragischer sei dann der soziale Abstieg in der chilenischen Emigration gewesen. Ein weiteres Familienfoto, in diesem Fall von ca. 1910, stelle Dr. Andrea Peine vor: Es zeigt den zweieinhalbjährigen Hermann Davidson, gekleidet in eine Kindervariante eines Admiralsmantels. „Ein so frühes und harmloses Kinderbild zu kennen, und dann seine letzten Akten aus der Krankenbaracke von Auschwitz einzusehen – das geht einem nahe“, so ihre Empfindung. In die heutige Gegenwart führte die Zuhörer ein Motiv, das Christiane Daldrup vorstellte, nämlich ein Foto vom erst jüngst ausfindig gemachten Grabplatz von Regina Bendix in Köln. „Ihr Enkel Marc Bendix in Kanada war durch dieses Rechercheergebnis sehr angerührt“, berichtete sie. Überhaupt seien die während der Entstehung des Buches entstandenen Kontakte zu Nachgeborenen aus Dülmener jüdischen Familien sehr anregend und motivierend gewesen, war sich das Autorenteam einig. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch Heinrich Rövekamp, der Solostücke am Cello zu Gehör brachte.